Diese Arbeit ist eine „bildhaften und qualitativ hochwertigen Fotodokumentation mit hohem Dokumentationswert vom Äußeren und Innern des sogenannten „Hochhaus“, „Zwischenbau“, „Casino“ und „Tiefgarage“ des Dienstgebäudes des Landratsamtes Karlsruhe“. Diese Fotodokumentation war die Auflage des Denkmalamtes für die Genehmigung des Abrisses des Gebäudekomplexes, das unter Denkmalschutz stand.
Das Hochhaus wurde in der ersten Hälfte der 1960er-Jahre als Verwaltungssitz für das damalige Badenwerk (heute EnBW) errichtet. Nach über 50 Jahren Nutzung standen umfangreiche Sanierungsarbeiten bevor. Allerdings aufgrund von Brandschutz und vorliegenden Schadstoffen müssten für eine Sanierung die Bauteile des Gebäudes bis hin zur Stahlkonstruktion abgetragen werden. Deswegen entschloss sich der Kreistag für einen Neubau an Ort und Stelle.
Das Gebäude kannte ich gut. In meine Tätigkeit als freier Fotograf der Lokale Tageszeitung BNN war ich vorwiegend im Landkreis Karlsruhe unterwegs und so hatte ich oft auch mit dem Landratsamt zu tun. Dieses Gebäude besuchte ich immer gerne. Egal aus welchem Stockwerk, man genoss eine wunderbare Sicht auf die Stadt, und zwar aus zwei Seiten! Nirgendwo sah man Karlsruhe am besten, wie aus diesem Hochhaus.
Und im Foyer dieses Gebäude hatte ich der Höhepunkt meiner damaligen Karriere, dort wurde den Bildband „Landkreis Karlsruhe, in Bildern von Gustavo Alàbiso“ präsentiert, einen Auftrag zum vierzigsten Jubiläum des Landkreises Karlsruhe.
Dieses Mal hatte ich die Funktion des fotografischen Bestatters.
Die Arbeit fing 2021 an und die Pandemie war weiterhin nicht zu Ende. Obwohl das Augenmerk auf die architektonischen Besonderheiten diesem schönen Gebäudekomplex im „Internationalem Stil“ gebaut, wie das UNO-Gebäude in New York, gerichtet waren, konnte ich nicht widerstehen dieser Dokumentation einem zusätzlichen Aspekt erfassen. Und so entstand ein Projekt in Projekt: die Spuren der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu dokumentieren.
Ich fing meine Arbeit mit dem Langbau an, da es als Erste abgerissen werden würde. Manche Büros waren noch besetzt, aber den Umzug war im vollen Gange und viele Büros waren schon leer. Regale, Tische, Stühle, Pflanzen, persönliche Fotografien, alles war verschwunden, dennoch blieben es trotzdem vereinzelte Spuren, die Menschen nicht mehr interessiert, hinterlassen hatten. Eine Begrüßung, eine Verabschiedung, eine Pflanze, einen Spruch, einen Aufkleber, die Buchstaben in den Regalen, Spuren von entwendeten Objekten.
Der zweite Teil der Dokumentation war dann das Casino, die Eingangshalle, die Tiefgarage und die Kellerräume, wo die gesamte Technik untergebracht ist. Belüftungsanlage, Klimaanlage, Kalt und Warmwasser, Stark- und Wechselstrom, Diesel Stromaggregate, die Werkstätte, die Messgeräte zur Überwachung der Haustechnik und die Archive, Bergen von Mappen. Es ist unglaublich welche Komplexität und technischen Herausforderungen, die Leitung ein so „winzigen“ Hochhaus darstellt, schon die Tatsache, dass Heizung, Klima und Wasser überall die gleiche Temperatur haben muss!
Zum Schluss habe ich das Hochhaus dokumentiert. Da alle Stockwerke gleich aussahen, die Auswahl fiel auf die schon leer gewordenen Stockwerke aus.
Diese Auswahl aus mehreren Hundert Fotos möchte das Gebäude gerecht werden als Objekt, mit den Linien, die Räumlichkeiten, die architektonischen Lösungen, das Design der 60er und die Veränderungen in den Büros im Laufe der Jahrzehnte.
Hat aber auch den Anspruch, das Leben, das Arbeitsleben, aber auch die Beziehungen und die Persönlichkeiten, die in einem Büro zusammengearbeitet haben, aus den Hinterlassenschaften zu deuten. Und so bleibt dieses Gebäude in Erinnerung, als ein Ort, in denen Menschen gearbeitet und gelebt haben.